South Park: Chef's Luv Shack
„Acclaim sollte sich schämen!“ und „Was soll das sein?“ war meine erste Reaktion, als ich das Spiel das erste Mal in meine Dreamcast einlegte und kurz später für die Homepage schriftlich reflektierte. Aber sind meine Ansichten wirklich noch gerechtfertigt? Schließlich war ich vor über einem halben Jahrzehnt ein anderer Mensch. Damals wurde Ruth Dreifuss erste Bundespräsidentin der Schweiz und Abdullah II König von Jordanien. Es war das Jahr, ab dem Mikonesien sich Mitglied der UNESCO nennen durfte. Damals, als Volvo die Automobilproduktion an die Ford Motor Company verkaufte und Renault zeitnah 51% von Dacia kaufte. Das Jahr, in dem Joaquín Rodrigo starb und Nikolai William Alexander Frederik geboren wurde. Fakten, die heute kaum jemanden interessieren. Kann dann meine Review von damals noch heute ihren Zweck erfüllen? Ist meine Kritik noch gerechtfertigt? Jein. Seit dem Tag vor vielen Jahren sind meine Englischkenntnisse ins Immense gestiegen und vielleicht hiermit auch die Betrachtungsweise gegenüber dieses Spiel.
Gameplay
South Park ist eine geniale Animationsserie, die wie kaum eine andere Serie einerseits sehr gut dummes Publikum füttern kann, mit seinem gesellschaftskritischen Inhalt andererseits auch für die etwas Mitdenkenden lustigen Stoff bietet. Hier begegnet uns das skurrile South Park-Ensemble in Form eines 2D-Quiz, das von niemand geringerem als dem Kultkoch Chef in gewohnt charmanter Weise moderiert wird.
Zu Beginn wählt man nun zwischen Cartman, Kenny, Kyle und Stan und der Anzahl der Runden (2, 4, 6 oder 8). Nach einer netten Einführung ist man schon direkt im Spielgeschehen und ein Spieler wählt eine Fragekategorie aus. Eine Frage folgt und somit schon das erste Problem für den einen oder anderen Spieler: Neben einigen Fragen zum Allgemeinwissen, begegnen einem gleich hier Fragen aus dem South-Park-Universum. Kennt man die Serie nicht, ist man aufgeschmissen. Nach der Fragestellung durch Chef haben die Spieler nun 5 Sekunden Zeit, auf die Frage einzugehen oder sie lieber doch stehen zu lassen. Wenn sich jemand aus der Gruppe entscheidet, so stehen ihm nochmals 10 Sekunden bereit, um die jeweilige Frage zu beantworten. Da die meisten Mitspieler die Serie nicht kennen – derzeit findet eine Ausstrahlung übrigens nur einmal wöchentlich auf Comedy Central statt – wird entweder stillschweigend die elend lang wirkenden Sekunden abgewartet oder man ratet sich durch und riskiert Verluste auf dem Punktekonto. Wer denkt, das könne er überstehen oder man könne sich durch mogeln, dem sei an dieser Stelle gesagt, dass das Spiel komplett in einem ziemlich schwierigen und unseriösen, sagen wir mal in einem South Park-typischen, Englisch gehalten ist. Für Menschen ohne Muttersprache Englisch, ohne Englisch-Leistungskurs oder ohne langen Aufenthalt im englischsprachigen Ausland zerstört eine fehlende Synchronisation jeglichen Spielreiz. Wie schon geschildert, wird, damit es ein wenig schneller weitergeht, einfach irgendeine Antwort genommen, ohne die Frage richtig durchzulesen, Durch Sprach- oder Bezugsbarriere versteht man das Spiel nicht. War das denn im Sinne des Herstellers? Nein. Oder doch, wenn es darum geht, Lizenzware möglichst schnell in Kohle zu verwandeln. Dies merkt man besonders dann, wenn sich die sarkastisch gestellten Fragen schon beim zweiten Durchspielen wiederholen. Auch für South Park-Liebhaber und -Kenner eine Enttäuschung. Frust lässt sich blicken. Um beim Sarkasmus der Serie zu bleiben: Das Spiel ist richtig innovativ, denn bei einer richtigen Antwort bekommt man Punkte, bei einer falschen gibt es Punkteabzug! Welch ein Konzept. Ich kann nicht aufhören: Einem „You Don’t know Jack“- Spieler fällt sofort auf: Einen anderen Gegner zur Beantwortung einer Frage zu zwingen, ist ein Feature des alten PC- Klassikers, welches hier 1:1 übernommen wurde. Hilft aber nicht weiter! Spiel immer noch öde. Um die Langeweile während der Fragerunde in Grenzen zu halten, kann man bei der Auswahl der Fragekategorien ab und zu „netten“ Features begegnen. Durch Zufall kann man bei der Kategorieauswahl ein „Double Down“ (höheren Betrag setzen) oder „Wheel of fortuitousness“ (Rad-Drehen) ergattern. Gott sei Dank kommt man nach 3 Fragen und schon fast zugefallenen Augenlidern zu einem der Mini-Spiele, die wohl „das Beste“ an dem Spiel sind, ohne die das Spiel nicht mal seine GD wert gewesen wäre. Je nach Anzahl der Spieler gibt es unterschiedliche Minispiele, die egal ob „Eat this“, „Asses in Space“ oder „Chicken Lover“ an sich alle verschiedenen sind, aber alle eine Kleinigkeit gemeinsam haben: Nette Idee, aber ohne viel Liebe zusammengekleistert. Das Ergebnis dieser Spiele erfolgt in Punkten, die dann auf das Quizkonto addiert werden. Am Ende heißt es dann: Wer war der oder die Beste und hat die meisten Punkte gesammelt? Einen Highscore gibt es natürlich nicht – wie denn auch – ohne Memory-Card-Unterstützung? Hätte ich eine meiner alten Konsolen aus den frühen Neunzigern raus gepackt, hätte ich wenigstens ein ruckelfreies Bild. Auch die extrem langen Ladenzeiten! Hilfe! Das Spiel wurde zwar mit Windows CE produziert, aber die Entwickler haben sich gar keine Mühe gegeben, noch nicht mal ansatzweise! Die Grafik lässt zu Wünschen übrig.
Fazit
Kein ansehnlich technisch-entwickeltes Produkt, keine Synchronistation, keine Memory-Card-Unterstützung, keine Variation, keine Langzeitmotivation, kein Spaß und keine Chance für eine Verbesserung meiner alten Wertung! Basta. Einzig die Minigames bringen etwas Abwechslung und etwas, das in Richtung Unterhaltung gehen könnte. Mario-Party ist lustiger. Wer trotzdem South Park auf Dreamcast genießen möchte, dem empfehle ich "South Park Rallye".